Ständig hört oder liest man das Wort „Terpene„, wenn es um Cannabis geht. Doch die Wenigsten können wirklich genau sagen, was es damit eigentlich auf sich hat. Die Meisten verbinden Terpene mit Duft und Geschmack von diversen Cannabis-Sorten. Das ist natürlich nicht falsch, aber da steckt noch viel mehr dahinter. Was, erzählen wir euch in diesem Beitrag:

1. Was sind Terpene genau?

Chemisch betrachtet sind Terpene reine Kohlenwasserstoff-Verbindungen, von denen viele wie zu erwarten in natürlichen Organismen vorkommen – daher gehören sie zu den sekundären Pflanzenstoffen. Der Begriff „Terpen“ leitet sich außerdem auf Vorschlag des französischen Chemikers Marcelin Berthelot vom Baumharz „Terpentin“ ab, das neben Harzsäuren auch Kohlenwasserstoffe enthält. Soweit zur allgemeinen Definition.

Diese flüchtigen, organischen Substanzen sind aber auch als die bekannten ätherischen Öle in so ziemlich allen Pflanzen und deren Bestandteilen zu finden: In den Blüten, Früchten, Blättern, sowie den Stängeln, Wurzeln und sogar in den Samen. Die einzelnen Pflanzenteile sondern ihren ganz eigenen, charakteristischen Duft ab und besitzen oft auch einen einzigartigen Geschmack. Im Endeffekt sind die mehr als 8000 existierenden Terpene somit – meist in einer spezifischen Kombination miteinander – für das besondere Aroma einer jeden (Cannabis-) Pflanze verantwortlich.

Typische Beispiele von Pflanzen mit hohen Terpen-Konzentrationen von Pinen, Myrcen oder p-Cymol sind, neben Cannabis, auch Lavendel, Thymian, Kiefer und Eukalyptus. Die Einsatzgebiete für Terpene sind vielseitig – in der Natur dienen sie hauptsächlich als Lockmittel für bestäubende Insekten oder zum Schutz vor Fressfeinden.

Abbildung verschiedener Cannabis-Terpene

2. Die chemische Klassifizierung von Terpenen

→ Wer noch etwas tiefer in die Materie eintauchen will, darf gerne weiterlesen – ansonsten, ab zu Punkt 3 ! wink

So, nun zur „Chemie-Keule“ cool: Terpene gehören in der organischen Chemie zu den so genannten Lipiden (abgeleitet vom altgriechischen Begriff lípos, was soviel wie „Fett“ bedeutet). Wie man schon vermuten kann, sind Lipide daher größtenteils wasserunlösliche bzw. hydrophobe Naturstoffe.

Chemische Abbildung einer Isopren-Einheit

Die gemeinsame Grundeinheit aller Terpene ist aber das Isopren, ein ungesättigter Kohlenwasserstoff, der von vielen Pflanzen produziert und an die Atmosphäre abgegeben wird. Neben Methan ist Isopren übrigens der Kohlenwasserstoff mit der höchsten Emissionsrate. Isoprene kommen in der Natur nicht als freie Moleküle vor, weshalb immer mehrere Isopren-Einheiten durch chemische Bindungen zu Molekülen aus 5, 10, 15, usw. Kohlenstoffen verbunden werden. Diese Klasse von Molekülen kennzeichnet sich durch das typische Suffix „-en“ am Ende des wissenschaftlichen Namens. Insgesamt unterscheiden sich Terpene daher sowohl durch ihr Kohlenstoffgerüst, als auch durch die Anzahl von Isopren-Einheiten, aus denen sie bestehen. Eine Isopren-Einheit umfasst 5 Kohlenstoffatome (C5-Regel), wobei je eine Isopren-Einheit als ein halbes Terpen gezählt wird.

Dies erklärt auch den Unterschied zwischen den zwei Terpen-Hauptgruppen – die sog. Monoterpene und die Sesquiterpene:

Zu den
900 bekannten Monoterpenen zählen Ketone, Aldehyde, Ester, Alkohole, Phenole und Oxide. Die insgesamt 3000 Sesquiterpene umfassen ebenfalls Alkohole, daneben noch Lactone und Sesquiterpen-Kohlenwasserstoffe. Die Bezeichnungen der Gruppen leiten sich aus dem Griechischen und dem Lateinischen ab (mono ‚eins‘; sesqui ‚eineinhalb‘). Monoterpene bestehen mit 2 Isopren-Einheiten folglich aus 10 Kohlenstoffatomen (C10) und Sesquiterpene aus 15 Stück (C15).

Aufgrund der zusätzlichen Isopren-Einheit und des somit höheren Molekulargewichts sind Sesquiterpene weniger flüchtig als Monoterpene und deshalb seltener in ätherischen Ölen enthalten. Allerdings haben sie einzigartige Eigenschaften, die durchaus wichtig für die synergetische Funktionalität ätherischer Öle sind. Sesquiterpene, die öfter in ätherischen Ölen zu finden sind, sind z.B. Cedren, Zingiberen, Himachalen und Caryophyllen.
Monoterpene dagegen haben ein niedrigeres Molekulargewicht, eine hohe Flüchtigkeit und ein starkes Aroma, weshalb sie in fast jedem ätherischen Öl enthalten sind. Sehr oft eingesetzt werden die Monoterpene
Limonen, Pinen, Terpinen und Cymen.

Da Terpen-Moleküle so klein sind, entfaltet sich ihre Wirkung erst durch funktionelle Gruppen, von denen es natürlich abhängig von ihrem Aufbau – noch mehr gibt, als die beiden genannten Hauptgruppen. Die meisten ätherischen Öle bestehen aber genau aus Letzteren.
Mit den Terpenen verwandt sind die sog.
Terpenoide (von denen es sogar über 30.000 gibt). Die Struktur von Terpenoiden leitet sich ebenso von verknüpften Isoprenen ab, unterscheidet sich aber von den Terpenen durch zusätzliche funktionelle Gruppen bzw. Abwandlungen des Kohlenstoffgerüstes.

3. Die Funktion von Terpenen

Allein für Pflanzen sind Terpene zur Modulation zellulärer Funktionen wichtig. Zudem spielen sie eine wichtige Rolle bei der Wechselwirkung zwischen pflanzlichen und tierischen Lebewesen unseres Ökosystems, die ein effizientes Zusammenleben fördern. Terpene schützen Pflanzen u.a. vor Bakterien und anderen für sie schädlichen Umweltbedingungen. Flüchtige Terpene werden von den Pflanzen zum Beispiel speziell zur Vertreibung von Fraß-Feinden oder zur Anlockung von Bestäubern abgesondert. Ein anderer bekannter Einsatzbereich sind Insektenfallen bei denen Pheromone (eine Teilgruppe der Terpene) als Lockmittel von Schädlingen wirken. So werden sie als natürliche Insektizide verwendet, z.B. zur Bekämpfung von Stechmücken, Flöhen, Motten, etc.

Einer der gängigsten Anwendungsbereiche von Terpenen bzw. Terpenoiden ist aber die Kosmetik-Industrie. Als Geruchs- und Geschmacksstoffe kommen sie aber nicht nur in Parfums und diversen anderen Pflegeprodukten vor, sondern auch bei der Herstellung von  Putz- oder Waschmitteln. Bestimmte Terpene werden auch als Duft-Öle in der Aromatherapie eingesetzt, da vielen von ihnen medizinische, als auch therapeutische Eigenschaften zugeschrieben werden – entweder einzeln oder in Zusammenwirkung mehrerer Terpene.

Liegende Frau während einer Aroma-Therapie

Ein weit weniger bekannter Einsatz ist die sog. Vergällung – ein Vorgang, bei dem Geruch, Geschmack oder Aussehen einer Substanz verändert werden. Meist werden damit für den Menschen gefährliche Substanzen, oder Lebensmittel (u.a. aus steuerrechtlichen Gründen) ungenießbar gemacht.

Viele Terpene wirken zudem antimikrobiell – d.h. sie beugen Infektionskrankheiten vor. Die Forschung bzgl. der Behandlung von Viren durch Terpene ist allerdings noch sehr dürftig. Hier muss, was die biologische bzw. chemische Funktion dieser Moleküle angeht auf jeden Fall noch mehr nachgeforscht werden.

4. Unterschiede zwischen Mono- und Sesquiterpenen

Monoterpene haben z.B. folgende gesunde Eigenschaften:

  • Reinigung
  • Antioxidativ
  • Schutz der Zellen und Förderung des normalen Zellwachstums
  • Insektenabwehr
  • Stimulierende bzw. anregende Wirkung auf Stimmung, kognitive Gesundheit und Leistungsfähigkeit

Positive Effekte, die den Sesquiterpenen zugeschrieben werden sind Folgende:

  • Reinigung
  • Gesunder Verdauungstrakt
  • Unterstützung eines gesunden Kreislaufsystems
  • Verbesserung des Hautbildes
  • Mentale Erdung und emotionales Gleichgewicht

5. Medizinische und therapeutische Wirkung von Terpenen

Was noch nicht Jeder weiß: Terpene verleihen unseren Cannabis-Sorten nicht nur ihr ganz eigenes Aroma bzgl. Geruch und Geschmack, sondern sie haben auch einige medizinische Eigenschaften! Als Bestandteil von Ölen, Liquids, Extrakten oder Sprays wirken einige Terpene zum Beispiel beruhigend, entzündungshemmend und schmerzlindernd. Andere dagegen haben antimikrobielle, antioxidative und anti-tumorale Eigenschaften. Inzwischen ist klar, dass Terpene unter der Wechselwirkung mit unterschiedlichen, anderen Cannabis-Inhaltsstoffen vielseitig eingesetzt werden können. Somit wären wir wieder beim vielfach genannten Entourage-Effekt: Mit der richtigen Kombination aus Cannabinoiden und Terpenen, kann beispielsweise auch die Wirkung von CBD erheblich gesteigert werden (größere Schmerzlinderung, etc.). In der unteren Grafik kann man sehen, dass die Kombination unterschiedlichster Cannabis-Bestandteile eine beachtliche Anzahl an gesundheitsfördernden Effekten mit sich bringt.

→ Nähere Infos zum Entourage-Effekt, etc. findet ihr unter Punkt 6!

Grafik des Entourage-Effekts bei Cannabis auf das menschliche Endo-Cannabinoid-System

So weit so gut, aber sind Terpene wirklich immer gesund?!

Nicht unbedingt. Es ist mittlerweile festgestellt worden, dass nicht alle Terpene ausschließlich positive Wirkungen auf die menschliche Gesundheit haben. Neben den positiven Effekten, hat man bei einigen Terpenen allergene und sogar kanzerogene Auswirkungen festgestellt. Bei seriösen Herstellern sollten solche aber natürlich nicht in den Produkten landen! Wie es bei ätherischen Ölen zudem bekannt ist, haben die enthaltenen Terpene ein gewisses Reizungs-Potential, was Haut und Atemwege betrifft – vor allem bei unverdünnter, direkter Anwendung.

Wie so oft gilt aber auch hier: Die Dosis bzw. die Zusammensetzung machen das Gift! Außerdem ist es sehr individuell und von Mensch zu Mensch unterschiedlich, wie der Körper auf gewisse Stoffe reagiert. Grundsätzlich bringen Terpene aber sehr viele positive Eigenschaften mit sich, die durchaus gut für unsere physische, als auch psychische Gesundheit sind.

6. Das Zusammenspiel der Terpene: Der Entourage-Effekt

Auch wenn sich die bisherige Forschung zum Großteil nur auf die medizinische Verwendung von THC und CBD konzentriert hat, werden aktuell immer mehr Erkenntnisse über das Wirkungsprofil von Terpenen gewonnen. Terpene haben einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Synergie-Effekte bei Cannabis. Auch wenn die gesundheitliche Auswirkung von Terpenen auf den Menschen noch ein komplett neues Forschungsthema darstellt, gibt es bereits eine Liste von über 150 gemeldeten Terpen-Arten.

Durch die Untersuchung von diversen Terpen-Profilen ist es zumindest schon möglich, verschiedene Cannabis-Sorten anhand ihrer chemischen Zusammensetzung und Struktur zu katalogisieren. Anhand von quantitativen und qualitativen Analysen hat man außerdem herausgefunden, dass kein einheitliches Terpen-Profil existiert bzw. dass ein einziges Profil bei ein- und derselben Cannabis-Sorte stark variieren kann. Dies liegt einerseits an genetischen Variationen und an der Reaktion der Hanfpflanzen auf sich ändernde Umweltbedingungen. Außerdem spielen die Art und Weise, sowie der Standort des Cannabis-Anbaus eine entscheidende Rolle, was die chemische Zusammensetzung betrifft. Das Fehlen von etablierten Standards bei den chemischen Analysen ist ein weiterer Grund, weshalb Pflanzen derselben Cannabis-Sorte trotzdem unterschiedliche Terpen-Profile haben können.

Terpene können, gemeinsam mit Flavonoiden, äußerst wirkungsvolle Synergien mit Cannabinoiden wie z.B. CBD herstellen und so die Wirkung auf Geist und Körper wesentlich verstärken. Flavonoide sind ebenfalls sekundäre Pflanzenstoffe, welche u.a. die wichtigste Gruppe unter den Blütenfarbstoffen darstellen, aber noch eine Vielzahl anderer wichtiger Funktionen bei Pflanzen erfüllen. In Cannabis-Pflanzen wirkt u.a. das Flavonoid Cannaflavin A, das fast nur in Hanf vorkommt. Flavonoide wirken allgemein ebenfalls antioxidativ und entzündungshemmend. Somit gehören sie neben den Terpenen und Cannabinoiden zu den essentiellen Inhaltsstoffen von medizinischem Cannabis.

Cannabis-Terpene können in isolierter Anwendung sogar die Eigenschaften von Cannabinoiden nachahmen! Werden sie dann auch noch mit Letzteren kombiniert, können umso größere Effekte erzielt und unerwünschte Nebenwirkungen verringert werden. In untenstehender Grafik wird einem bewusst, welche Bandbreite es an verschiedenen, sekundären (Cannabis) Pflanzenstoffen gibt, die Synergie-Effekte miteinander bilden können:

Bandbreite an sekundären Cannabis-Stoffen, die miteinander einen Entourage-Effekt haben können
Wirkungsbereiche der CB1 und CB2 Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems

Unter anderem kann die psychoaktive Wirkung von THC durch Zugabe von Terpenen reduziert werden. Dies alles wurde in einer Studie zur Cannabis-Wirkung von Wissenschaftlern der University of Arizona herausgefunden. Die Forscher entdeckten, dass speziell die vier Terpene „α-Humulen„, „Geraniol„, „Linalool“ und „β-Pinen“ sich an den Haupt-Cannabinoid-Rezeptor CB1 R binden können und somit ähnliche Auswirkungen auf den menschlichen Körper haben wie die unterschiedlichen Cannabinoide selbst. Werden diese dann mit diversen Cannabinoiden kombiniert, bestärken sich die Effekte gegenseitig. In nebenstehender Abbildung sind die unterschiedlichen Wirkungsziele der Rezeptoren CB1 und CB2 des menschlichen Endo-Cannabinoid-Systems dargestellt.

Ein sehr wichtiges medizinisches Forschungs-Gebiet im Zusammenhang mit Terpenen ist derzeit auch die Krebsbehandlung: Aktuell wird hier die Kombination von Terpenen mit Opioiden untersucht, was die Schmerzlinderung betrifft. Ziel ist es hier, die starken Nebenwirkungen von Schmerz-Medikamenten dauerhaft zu reduzieren, unter denen Krebspatienten zu leiden haben.

offenes Glas mit Pillen/ Opioiden darin

7. Fazit

Auch wenn es noch viel mehr an weiterer Forschung bedarf, kann man anhand zahlreicher Quellen aber schon Folgendes relativ sicher sagen: Terpene können in Kombination mit Cannabinoiden, Flavonoiden und anderen chemischen Verbindungen eine signifikante therapeutische Wirkung entfalten. Bis ein größeres Spektrum der Cannabis-Moleküle und ihrer Wirkung im Einzelnen, als auch gemeinsam, wissenschaftlich abgedeckt und belegt ist, bedarf es aber noch weiterer Studien.